(Keine) Zeit zum Aufräumen

Zum Aufräumen haben wir eigentlich nie Zeit. Ein überfüllter Schreibtisch, überquellende Ablagen und Schubladen, in der digitalen Welt viel zu sehr gefüllte Ordner auf der Festplatte oder im E-Mail-Programm – viele von uns arrangieren sich damit, weil sie denken, dass sie zum Aufräumen keine Zeit hätten.

Andere haben permanent ein schlechtes Gewissen, beschäftigen sich daher täglich mit dem Aufräumen, ohne jedoch anzupacken und tatsächlich etwas zu bewegen und verschlimmern ihre Lage so zusätzlich.

In beiden Fällen büßen wir Aufmerksamkeit, Energie, Konzentration ein, die wir besser für unsere wichtigen Aufgaben und Ziele einsetzen könnten. Dazu steht uns unsere Unordnung oft ganz real im Weg oder verhindert zumindest bessere Arbeitsleistungen.

Warum räumen wir nicht auf? Ist eben Gesagtes ein Geheimnis? Im Gegenteil, den meisten von uns ist dies auf der intellektuellen Ebene bewusst oder sie ahnen es zumindest, falls sie das Thema nicht nah genug heranlassen, um darüber nachzudenken.

Sehr oft wird als Rechtfertigung angeführt, man hätte keine Zeit zum Aufräumen. Jedenfalls jetzt nicht und in den nächsten Tagen, was in einigen Tagen aber immer noch gilt, das Unangenehme wird immer wieder verschoben, sodass diese unangenehme Pflicht nie von unserer Aufgabenliste verschwindet. Belastend! So belastend, dass einem noch die letzte Lust nimmt, tatsächlich mit dem Aufräumen anzufangen. Indem wir die Aufgabe vor uns herschieben, jeden Tag ein Stück, ohne sie zu erledigen, lassen wir sie wachsen wie eine Schneekugel, die wir jeden Tag im Pappschnee ein Stückchen weiter rollen. Und jeden Tag wird es schwerer, sie zu bewegen. Zu übersehen ist sie bald auch nicht mehr, verdrängen funktioniert nicht mehr.

Ist ein Ordnungssystem vorhanden, welches man nur vernachlässigt hat, kann man es damit versuchen, das Aufräumen gar nicht erst groß einzuplanen, sondern immer nur ein paar Minuten einzuschieben, immer nur ein paar Kleinigkeiten an ihren Platz zu stellen, wegzuwerfen, einzuheften, zu verschieben. Spontan!

Bestens geeignet sind Zeiten, in denen es sich nicht mehr lohnt, was „Richtiges“ anzufangen: kurz vor dem Feierabend oder der Mittagspause, kurz bevor man von daheim zu einer Verabredung aufbrechen möchte, vor dem Abendessen. Hervorragend einsetzbar ist diese Technik auch, wenn der Computer neu gestartet wird, denn in der Zeit können wir sowieso oft nichts Produktives tun – wird jedenfalls gerne behauptet.

Ist dagegen kein System vorhanden, funktioniert das leider nicht. Dann ist es besser, sich klarzumachen, dass es eine Leistung ist, dieses System für sich einzurichten. Es fällt manchmal schwer, sich diese Zeit tatsächlich zuzugestehen, weil man in der Zeit doch „richtige“ Arbeit erledigen und „richtig“ was schaffen könnte. Helfen kann in dieser Situation, sich bewusst zu machen, dass man den Erfolg beim Aufräumen sehen kann, oft viel mehr als bei der „eigentlichen“ Arbeit.

Möglichkeiten, sich selbst dazu zu bringen, endlich für Ordnung zu sorgen, existieren unzählige. Wesentlich ist, aus der Routine des Verschiebens auszubrechen, sich nicht wie immer zu verhalten, sondern das Muster im eigenen Verhalten zu durchbrechen. Wie man das anstellt, ist nicht so wichtig.

Ja, es gibt Tage, da haben wir wirklich keine Zeit zum Aufräumen, wäre die Schaffung eines Ordnungssystems nicht im Sinne einer sinnvollen Prioritätensetzung. Aber mal ehrlich: Wie viele Tage im Jahr sind das?

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